Lab 12 Integre4 MK2: Test des Röhren-Vollverstärkers | fairaudio

2023-03-08 17:36:27 By : Ms. Shara Kuang

Der Vertrieb CM-Audio (www.cm-audio.net) ist bekannt für seine Kompetenz im digitalen Bereich, nicht umsonst führt man selbstbewusst den Titel „Digital Audio Competence Center“. Mit Lab 12 haben die Mönchengladbacher aber auch einen Hersteller im Portfolio, der sich auf traditionellen, analogen Verstärkerbau mit Röhren versteht. Wir fühlen dem neuen Vollverstärker Lab 12 Integre4 MK2 (5.640 Euro) auf die Glaskolben – und lassen uns dabei verführen …

Viel weniger digital als ein Röhrenverstärker geht eigentlich nicht – selbst, wenn er, wie der Integre4 MK2, kein Phonoteil integriert hat. Satte 22 Kilogramm Nettogewicht sowie reichlich Metall in Form von gewickeltem Kupferdraht unter den drei Trafotürmen auf dem hinteren Drittel des Chassis dürften Traditionalisten neugierig werden lassen.

Der Lab 12 Integre4 MK2 ist standardmäßig mit der Leistungspentode KT170 bestückt – die Front ist in Silber und Schwarz zu haben, der Body ist stets schwarz

Wie also kommt ein Digitalspezialist wie CM-Audio zu einem Röhrengerätehersteller? Lassen wir dazu doch Markus Flöter von CM-Audio selbst etwas sagen:

„Zuallererst mal sind wir ja nicht dogmatisch, sondern schauen aufs Resultat. Den ersten Kontakt mit den Geräten von Lab 12 hatten wir über unseren befreundeten Händler Jürgen Gruner von „Heimstatt der Musik“ in Frechen. Mir fiel direkt auf, dass hier viele Dinge stimmen, die mir wichtig sind: Die Qualität der Bauteile ist hoch, das Platinenlayout, die Bestückung und Verkabelung sind mehr als ordentlich, das Gehäuse ist hochwertig verarbeitet, und natürlich klingen die Geräte von Lab 12 hervorragend. Übrigens maße ich mir nicht an, jede Schaltung beurteilen zu können, darum geht’s mir nicht. Meiner Meinung nach kann man aber erkennen, ob ein Gerät nach 08/15-Art zusammengeschustert wurde, oder ob jemand mit Herzblut und Leidenschaft fürs Produkt am Werk war. Außerdem müssen die Geräte so konstruiert sein, dass eine eventuelle Reparatur möglichst selbst durchgeführt werden kann und die Geräte nicht wegen jeder Kleinigkeit zum Hersteller zurückgeschickt werden müssen. Auch die Story hinter Lab 12 hat uns gut gefallen: Stratos Vichos hat als Elektroingenieur in einem Athener Highend-Studio gearbeitet und für Kunden individuelle Röhrenverstärker entwickelt und gebaut. Durch die Griechenlandkrise hat er, wie viele andere auch, seinen Job verloren. Also hat er angefangen, selbst HiFi-Geräte zu entwickeln. Daher der Name Lab 12: Das ist die Nummer der Garage seiner Eltern, in der alles begann. Und unser positiver Eindruck von Stratos Vichos und Lab 12 scheint gestimmt zu haben: Die Marke ist mittlerweile weltweit bekannt und die Geräte werden von über 27 Distributoren vertrieben.“

Zurück zum Integre4 MK2. Wo waren wir stehen geblieben? Ach so, das Gehäuse. Das eigentliche Chassis des Amps ist aus recht stabilem Stahlblech geformt, während die Front aus einer fünf Millimeter starken Aluminiumplatte besteht, in deren Mitte ein großes OLED-Display sitzt. Das lässt sich selbst bei direkter Sonneneinstrahlung noch gut ablesen und gibt in großen Lettern Auskunft über den gewählten Eingang und die Menü-Punkte. Die Front lässt sich in silberfarbener oder schwarzer Ausführung wählen, das Chassis selbst ist immer schwarz. Die Verarbeitung ist sehr hochwertig, da wackelt und klappert nichts. Das ist übrigens nicht nur aus „qualitätsästhetischen“ Gründen wichtig, Lab 12 bezeichnet das Gehäuse als „noise reduction chassis“ – es soll also dazu beitragen, Störungen wie Klirr und Rauschen zu reduzieren. Die genauen Maßnahmen, die dazu beitragen, bleiben allerdings ein Geheimnis.

Eine schlichte Fernbedienung gehört zum Lieferumfang des Integre4 MK2

Bedienung und Menüführung des Lab 12 Integre4 MK2 sind selbsterklärend und lassen sich bequem mit der im Lieferumfang enthaltenen Fernbedienung oder über den Drück-Drehsteller auf der Front durchführen. Der griffige Regler aus solidem Aluminium läuft sehr leichtgängig und besitzt einen guten Druckpunkt zum Anwählen der Menüpunkte. Der Lautstärkeregler ist baugleich ausgeführt, bietet aber einen satten Drehwiderstand – dahinter steckt ein Blue-Velvet-Potentiometer von ALPS, das einen Elektroantrieb für die Fernsteuerung besitzt. Es ist erstaunlich, wie viel so eine „runde“ Haptik doch ausmacht.

Ein Feature, das ich bisher bei keinem anderen Röhrengerät gesehen habe, ist die Laufzeitanzeige der einzelnen Röhren. Hier zeigt der Integre4 MK2 an, wie viele Stunden die jeweilige Röhre schon auf dem Kolben hat. Natürlich können Nutzer den Röhren-Bias des Lab 12 Integre4 MK2 anpassen. Dazu dienen vier kleine Drehsteller, die in die Front unterhalb des Displays eingelassen sind und mit einem Feinschraubendreher betätigt werden wollen. Im Bias-Setting-Menü zeigt das OLED-Display dann auf ein Zehntel genau an, wo der Ruhestrom steht – und in der Bedienungsanleitung lässt sich für alle verwendbaren Röhren genau nachlesen, in welchem Rahmen er sich bewegen sollte. Man geht dabei von Röhre zu Röhre vor, tut aber gut daran, mit ruhiger Hand zu agieren, denn schon leichte Drehungen haben eine nicht ganz planbare, da etwas zeitverzögert eintretende Wirkung. Auch sollte man die Werte nach einiger Zeit wieder nachregeln.

Das rückseitige Anschlussfeld des Lab 12 Integre4 MK2 – das Lautsprecherterminal ist einfach ausgeführt, einer der fünf Eingänge lässt die Wahl zwischen Cinch und XLR

Mit dem linken Drehsteller oder per Fernbedienung lassen sich die Eingänge anwählen. Davon hat der Integre4 MK2 fünf Stück, allesamt Line-Level – viermal mit RCA-Buchsen, einmal mit Cinch oder XLR ausgeführt. Intern arbeitet der Amp unsymmetrisch.

Raus geht das Signal über einen Satz solider und isolierter Lautsprecherausgänge oder eine 6,3-mm-Klinkenbuchse für Kopfhörer, die sich über einen eigenen Abgriff an den Ausgangstrafos und ordentlich Leistung freuen dürfen. Laut Stratos steht somit „die volle Klangqualität des Integre4 MK2“ zur Verfügung, da es sich eben nicht um einen billigen, separaten Kopfhörer-Verstärkerchip handelt.

Der Lab 12 Integre4 MK2 kommt ab Werk mit vier Leistungs-Pentoden vom Typ KT170, die von ebenfalls vier 6n1p-Dual-Trioden angesteuert werden. Selbstverständlich ist der frischgebackene Besitzer oder die Besitzerin aufgefordert, die Kolben selbst in die Keramiksockel zu platzieren. Meines Erachtens ist das eines der schönsten Rituale bei der Inbetriebnahme eines neuen Geräts, da hat selbst die Montage eines Tonabnehmers keine Chance. Am Ausgang stehen dann bei 4 oder 8 Ohm pro Kanal 75 Watt zur Verfügung – das sollte selbst für schwierigere Fälle genug Leistung sein. Damit ist eigentlich auch schon klar, dass Lab 12 den guten alten Class-A/B-Modus fährt – jedoch legt Stratos Vichos Wert darauf, dass die „ersten Watt“ im reinen Class-A-Modus fließen. Der Integre4 MK2 ist kompatibel mit den Endstufenröhren EL34, 6550, KT88, KT120 und KT150 – letztere stecken auch in den Sockeln meines Audio Hungary Qualiton X200 (5.400 Euro), der sich ebenfalls mit den etwas teureren KT170 bestücken ließe.

Röhren-Vollverstärker unter sich: links der Audio Hungary Qualiton X200, rechts der Lab 12 Integre4 MK2

Was hat sich im Vergleich zum Vorgänger geändert? Lab 12 spricht von einer neu gestalteten „100-Prozent-Doppel-Mono-Topologie“ mit getrennten Netzteilen für jeden Kanal – und man setze auf eine Technologie namens „SRSG“, was für „Separate Rails Separate Ground“ steht. Gemeint ist damit, dass die Strom- und Erdungswege für jeden Kanal vollständig getrennt sind und zudem weit entfernt von den Audiosignalpfaden liegen. Das helfe sehr dabei, Rauschprobleme zu vermeiden, so Vichos. Auch die Ausgangstrafos sollen verbessert worden sein, wobei hier wie im Vorgänger keine Allerwelts-OEM-Teile zum Einsatz kommen, sondern exklusiv nach Lab-12-Spezifikationen in Griechenland hergestellte Modelle. Dass im gesamten Design keine Über-alles-Rückkopplung stattfindet, war ebenfalls schon in der MK1-Version der Fall.

Eine ganz nette und schlaue Idee hat CM-Audio übrigens, wenn es ans Ausprobieren gehen soll – schließlich klinge es „nur zu Hause wie zu Hause“, so das Firmenmotto. Da die Anzahl der Fachhändler mit Demo-Geräten überschaubar ist, man aber meist mal nicht eben über 5.000 Euro aufs Geratewohl auf den Tisch legen will, bieten die Mönchengladbacher einen Testpaket-Versand-Service an. Ja, auch für solche „Trümmer“ wie den Integre4 MK2. Der Kunde muss sich dabei keine Gedanken um die Sicherheit des Geräts auf dem Transportweg machen, die Kiste kommt in einem stabilen Flightcase und ist natürlich versichert. Zudem liefert CM-Audio alles mit, was man für einen problemfreien Start und die bestmögliche Anbindung an die existierende Kette benötigt – dazu gibt’s vorher eine kleine Frage-und-Antwort-Session.

Der Lab 12 Integre4 MK2 spielt in meiner Kette an zwei Lautsprechermodellen, die keine Effizienzwunder sind und recht unterschiedliche Konzepte verfolgen: Die ATC SCM50PSL (15.500 Euro) sind großvolumige Dreiwege-(Quasi-)Standlautsprecher mit Bassreflexsystem, traditionellen Membranmaterialien und einem Holzgehäuse, das nicht unbedingt zu den akustisch allertotesten gehört. Verzeihen Sie mir die unmögliche Steigerung. Dennoch klingen sie erstaunlich neutral, präzise, offen und leichtfüßig – da lassen die Studiogene grüßen. Dann wären da die Magico A1 (11.980 Euro), geschlossene Zwei-Wege-Kompaktlautsprecher aus quasi resonanzbefreitem Aluminium, die mit ihren Hightech-Chassis einen erstaunlich natürlichen und dabei satten, im besten Sinne klassisch-audiophilen und langzeittauglichen Klang zaubern. Sie bestechen mit höchster Detailauflösung und steigen trotz ihrer deutlich kleineren Gehäuse im Bass mindestens ebenso tief herunter wie die ungleich größeren ATC.

Darauf weist der Lab 12 Integre4 MK2 dann auch gleich mal mit Massive Attacks Klassiker „Unfinished Sympathy“ (Album: Blue Lines) unmissverständlich hin. So viel spürbare Energie (ganz) unten herum liefern weder der Copland CSA150 (5.200 Euro) noch ein Technics SU-R1000 (7.500 Euro). Auch der ähnlich bestückte und recht satt abgestimmte Audio Hungary Qualiton X200 schiebt im allertiefsten Keller nicht ganz so vehement – erst im mittleren und Oberbass kommt man sich quantitativ nah. Dabei lassen sich die 17-Zentimeter-Multi-Wall-Membranen der Magico A1 vom Integre4 MK2 bei „Teardrop“ vom Album Mezzanine (auf Amazon anhören) der oben genannten Trip-Hopper zu einem erstaunlich gesitteten Verhalten bewegen. Zudem reproduziert das Gespann die Oszillation des Tiefbass in „Limit to your Love“ von James Blake deutlich nachvollziehbar, erreicht allerdings nicht die Zackigkeit und Impulspräzision wie mit meiner doppelt so teuren Norma-Audio-Kombi REVO SC-2 (5.400 Euro) und REVO PA-150 (5.300 Euro). Die klingt insgesamt straffer und agiler im Bass, ja, schlanker – wobei sie dieses Adjektiv, absolut genommen, nicht wirklich für sich beanspruchen kann. Der Lab 12 spielt einfach satter.

Vier Pentoden vom Typ KT170 ermöglichen es dem Lab-12-Vollverstärker, eine Leistung von 2×75 Watt bereitzustellen

Mit den ATC SCM50PSL und ihren 25-Zentimeter-Pappen sieht die Sache ähnlich aus. Auch hier ziehen die Transistoren der Norma Audio PA-150 pointierter und konturierter durch, während der Lab 12 Integre4 MK2 seinen Fokus auf einen druckvollen und mächtigen Charakter auf qualitativ hohem Niveau setzt. In Sachen Klangfarben bis über den satten Grundton hinaus machen ihm die Normas wiederum wenig vor. Gestrichene Kontrabässe und Celli, aber auch tief spielende Saxofone harzen, holzen, knurren und glühen (ja ja …) voller Inbrunst – das ist echte Röhrenkunst.

Der druckvolle Bass wirkt sich auch auf die dynamische Attitüde des Lab 12 aus: Der kraftvolle Grieche erweist sich als mitreißender Heißsporn, der große Pegelsprünge mit unangestrengter Schnelligkeit und hörbarem Spaß nachvollzieht. Bei entsprechendem Musikmaterial können sich die Signale aus den vier Glaskolben wuchtig auf die Bassmembranen stürzen, zum Beispiel mit der Bass-Drum in Brendan Perrys „This Boy“ vom Album Ark (auf Amazon anhören). Doch auch Saxofone, Flöten und Stimmen wie die von Jarvis Cocker auf dem Mega-Album Room 29, einer Co-Produktion mit dem Ausnahme-Pianisten Chilly Gonzalez, lässt der Integre4 MK2 subjektiv unlimitiert lauter werden – eine Fähigkeit, die man seltener erlebt als den üblichen Bass-Wumms, der besonders Novizen stärker zu beeindrucken vermag als die vergleichsweise subtilere Mitten-Grobdynamik.

Wie dem auch sei, ein solcher Headroom intensiviert gerade bei hohen Abhörlautstärken, die der Integre4 MK2 auch an diesen mittelmäßig effizienten Lautsprechern sauber ermöglicht, ohne Zweifel den emotionalen Übertrag von der Konserve auf den Zuhörer – Stichwort Adrenalin. Und darauf kommt es schließlich an. Zudem der Lab 12 Integre4 MK2 Impulse und Transienten im mittleren und oberen Frequenzbereich – Bongos und Rimshots auf Jazz at the Pawnshop oder elektronische Spielereien aus dem Analogsynthie, zum Beispiel in Opiuos „La Fong“ vom Album Meraki – verdammt flott aus Röhren feuert. Im Zusammenspiel mit seiner Mitteltoncharakteristik (dazu später mehr) wirkt das regelrecht antörnend.

Die mitreißende Abstimmung, die auf dem druckvollen Bass und der breitbandigen Dynamik fußt, wird von der räumlichen Darstellung – insbesondere von Stimmen und mittenbetonten Instrumenten wie Streichern, Saxofonen und Trompeten – mitgetragen. Die platziert der Lab 12 Integre4 MK2 nämlich etwas offensiver vor die Lautsprecherebene, ganz besonders Männerstimmen wie die von Jarvis Cocker (siehe oben) oder Benjamin Clementine in „London“ vom Album At Least for Now (auf Amazon anhören). Die direkte Ansprache des Lab 12 Integre4 MK2 wirkt intensiv, fast schon intim – ein musikalischer Adrenalinstoß, der den Zugang zum emotionalen Ausdruck der Interpreten einfach macht.

Andererseits kann er auch den Raum hinter den Lautsprechern standesgemäß ausleuchten. Goldfrapps „Lovely Head“ reicht ein, anderthalb Meter hinter die Boxenebene. Der Integre4 MK2 fächert das Geschehen schön auf, genauso wie die virtuellen Räume auf Yellos „Toy“. Aber egal bei welcher Art von Musik – wenn die Aufnahme es hergibt, stellt der Lab 12-Vollverstärker einzelne Instrumente und Stimmen sauber frei. Nicht unbedingt mit viel Luft drum herum, denn er entwirft eine eher kompakte Bühnen-Architektur – dafür grenzt er die Akteure messerscharf und dreidimensional hervorragend modelliert voneinander ab. Zum Beispiel die elektronischen Soundscapes der aktuellen EP von Micah Frank & Chet Doxas „The Music of Hildegard von Bingen” – klanglich ein Überflieger, allerdings nicht gerade Easy Listening. Und wie klar er das Reverb der angezerrten Gitarre in „Don’t Wanna Fight“ von Alabama Shakes (Album: Sound & Color) in den Raum halblinks hinter die Gitarre stellt und von dieser trennt – das ist selbst in dieser Preisklasse keineswegs selbstverständlich.

Der Lab 12 Integre4 MK2 kommt mit Röhren-Schutzkäfig

Die direkte Charakteristik des Integre4 MK2 kommt nicht von ungefähr. Was bei Frauenstimmen eher eine Ahnung bleibt, machen interessanterweise Männerstimmen wie die von Jarvis Cocker, Benjamin Clementine und Brendan Perry im Zusammenspiel mit den sehr transparenten ATC SCM50PLS klar – der Lab 12 kann eine leichte Betonung der oberen Mitten nicht verleugnen. Das kann je nach Hörgeschmack und Genre einen großen Reiz haben. Überschaubar instrumentierte Musik wie auf Room 29, Vocal- und Trio-Jazz, minimalistisch eingefangene Gitarrenmusik wie Finks „Trouble Is What You’re In“, Electro (siehe Micah Frank & Chet Doxas) und kleine klassische Besetzungen stellt der Lab 12 Integre4 MK2 faszinierend klar und direkt dar. Und wie nachvollziehbar er die Texturen von natürlichen und elektrisch verstärkten Instrumenten aufzubereiten vermag, ist beeindruckend. Da denke ich nicht weiter drüber nach, dass es auch einen Tick linearer gehen könnte, wenn die leider viel zu kurz eingesetzte Trompete in Talk Talks „Happiness Is Easy“ (Album: The Colour of Spring) so lebendig strahlt, dass ich unwillkürlich lächeln muss.

Auf der anderen Seite kann es bei hohen Lautstärken und (sehr) komplexen Arrangements auch mal ein wenig anstrengend werden – insbesondere dann, wenn die angeschlossenen Lautsprecher im Präsenzbereich entweder sehr transparent (wie die ATC), sehr „britisch“ oder ebenfalls leicht betont (wie zum Beispiel die Grandinote Mach 2R, ab 6.600 Euro) abgestimmt sein sollten. Mit den Magico A1 jedoch, die in den oberen Mitten nicht ganz so schonungslos wie die SCM50 agieren, komme ich nicht umhin, mir immer wieder übersichtlich besetzte Stücke wie das oben genannte „Trouble Is What You’re In“ oder Agnes Obels „Riverside“ im abgedunkelten Raum anzuhören. Wenn der Fretless Bass im erstgenannten Song prägnant schnurrt und seine üppigen Klangfarben pinselt, und wenn Frau Obel ihre elfengleiche Stimme schwerelos anschwellen und charmant intim seufzen lässt, dann ist das schon etwas Besonderes – und zwar nicht nur in der Preisklasse des Integre4 MK2.

Ganz und gar nicht „typisch röhrig“ oder romantisch-intim bringt der Lab 12 Integre4 MK2 die Frequenzen über etwa 2500 Hertz rüber. Von abgedunkelt oder betont sanft kann keine Rede sein, wenn die Cymbals in Erika de Casiers „Polite“ schneidig-zackig aus den Tweetern von ATC und Magico perlen. Aufdringlich wird der geradlinige Hochton selbst bei hohen Lautstärken nie, dazu bleibt der Frequenzgang zu linear. Der Integre4 MK2 fächert zudem eine ordentlich abgestufte Palette feindynamischer Schattierungen auf, die für Realismus und Spannung sorgt. Dass der Lab 12 bei Bedarf auch feinseidige Hochtontexturen rüberbringt, die dem Audio Hungary Qualiton X200 in dieser sauberen Klarheit versagt bleiben, spricht für seine Wandelbarkeit und damit Qualität.

Ganz, ganz oben, also in etwa ab 10000 Hertz aufwärts, blenden sich die Frequenzen dann unauffällig und sanft linear abfallend aus. Man hat nie das Gefühl, das wirklich etwas fehlt, nur im direkten Vergleich mit dem breitbandigen Norma Audio REVO IPA-140 (um 5.400 Euro) oder dem diesbezüglich begnadeten Technics SU-R1000 lässt der Lab 12 das Maximum an Luftigkeit, an schwebender Ahnung von Obertönen und die den Norma so auszeichnende Geschmeidigkeit außen vor. Wohlgemerkt: Diese Beobachtung dürfte beim Gros der Musikkonserven keine Rolle spielen, da sie in diesem Frequenzbereich kaum noch nennenswerte Informationen speichern.

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